DER PASSAGIER
bär. Hierzulande ist Glücksspiel nur unter staatlicher Kontrolle konzessioniert.
Jedoch, befürchten Gewerkschaften wie Parteien, werden die Möglichkeiten einer Überprüfung im Welt weiten Netz zur Illusion.
 
“Das Internetspiel wird international immer fragwürdiger. Dies stellte jetzt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (verdi) auf einer  Sitzung des Union Network Gaming Weltausschusses Spiele und Wetten, der 900 Gewerkschaften in 140 Ländern angehören, im schweizerischen Nyon fest. Sowohl vom ordnungspolitischen Auftrag her, als auch vom beschäftigungspolitischen Standpunkt aus, erklärt Bernhard Stracke vom Bundesarbeitskreis Spielbanken in verdi, seien Internetspielbanken “grundsätzlich abzulehnen.  
 
Nicht nur, dass die Absicht der Spielbankbetreiber, ein komplettes Spielangebot via Internet “in einem ausgelagerten Betrieb bereit zu stellen, gravierende Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben würde. Schließlich drohe mit der Ausbreitung des Online-Spiels auch in Vergessenheit zu geraten, dass “Glücksspiel kein normales  Wirtschaftsgut ist, sondern aus gutem Grund staatlich konzessioniert ist.  Durch  staatliche Kontrolle soll die  „wirtschaftliche Ausbeutung der Spielleidenschaft  des Publikums im Zaum gehalten werden. So zumindest sieht es, mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, der Bundesgerichtshof vor.
 
             Spiel in geordneten Bahnen
Darüber hinaus soll durch die staatliche Monopolisierung das Glücksspiel kanalisiert, das heißt in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt werden. Derzeit unterhält in Deutschland einzig die Spielbank Wiesbaden, bis  zum Ende dieses Jahres staatlich konzessioniert, zwei Roulette-Kessel, die  via Internet übertragen und bespielt werden. Am ersten Kessel sitzt zwar noch ein Croupier. Doch hat dieser nurmehr die  Aufgabe, die Kugel zu werfen  und den Kessel in Fahrt zu bringen.
 
So wird aus einem verantwortungsvollen Mitarbeiter ein Handlanger, der, so fürchtet die Gewerkschaft, sich  über kurz oder lang auch als ersetzbar herausstellt. Denn beim zweiten Online gestellten Kessel wird die Kugel gar durch Luftdruck ins Spiel  gebracht. Hier kann schon zwischen neun Uhr morgens bis vier Uhr nachts gezockt werden.  Die beschäftigungspolitischen Aspekte wie den ordnungspolitischen  Auftrag
des ansonsten unerwünschten Glücksspiels ins Auge fassend, richtet  jetzt auch ein Berichtsantrag der hessischen SPD-Fraktion in den Landtagsausschüssen des Inneren und der Finanzen den Fokus auf das Internetangebot der Spielbank.
 
                        Fragen im Spiel
Der Fragenkatalog umfasst zwölf Punkte und klopft als  erstes
 die rechtlichen Grundlagen der Erlaubnis für das Internetspiel ab.  Dabei wird gezielt nach der Intention der Landesregierung bei der Zustimmung  zum Online-Roulette gefragt. Eine andere Frage zielt auf die mangelnde Überprüfbarkeit der Online-Spieler. Beispielsweise kann weder die Volljährigkeit definitiv fest gestellt  werden, noch ist kontrollierbar, in wie weit ein Spieler etwaigen
Abhängigkeiten unterliegt, sei es von Alkohol, Drogen oder vom Spiel selbst.
 
Unkonventionell, textlastig und parteiisch
 
Bis Ultimo gezockt oder Rien ne vas plus?
Online-Roulette beschäftigungs- wie ordnungspolitisch im Kreuzfeuer
Nächtliches Spiel oder ein Spiel im Verborgenen?
     Kampf der Spielsucht
Während es nicht nur in der Dritten Welt heißt “Wer keine Hoffnung
hat, hat ein Los, gerät hierzulande das Internetspiel zunehmend in die
Kritik. Grund: Der Ausbreitung der Spielsucht soll der Kampf angesagt werden. Ein  Staatsvertrag soll jetzt die Vermittlung, Vermarktung und Veranstaltung von Glücksspielen in die Schranken weisen. Doch tritt dieser erst 2008  in Kraft. So lange, hofft die Wiesbadener Spielbank, ihre zum Ende des Jahres auslaufende Konzession für ihr Angebot des Online-Roulettes zumindest verlängert zu bekommen.
Neben der Entwicklung der Umsätze und ihrer Auswirkungen auf die  Gehälter der Mitarbeiter wird auch auf die Differenz der Abgaben Bezug genommen.  Beim Online-Roulette zahlt die Spielbank auf das Bruttoeinspielergebnis (das
ist die Gesamtheit der Einsätze minus der ausgezahlten Gewinne) eine Abgabe  in Höhe von 60 Prozent. Für das klassische Spiel sowie für das
Automatenspiel muss die Wiesbadener Spielbank 90 Prozent berappen.
 
Dieser abgeschöpfte Gewinn wird für gemeinnützige Zwecke und damit auch zur Suchtprävention verwandt. Aus der unterschiedlichen Besteuerung der beiden Spielarten erklärt sich Hintergrund  für verdi, dass durch “aggressive Werbung immer mehr Gäste an das Online-Roulette gelockt werden sollen. Eine weitere Frage an die Landtagsausschüsse bezieht sich auf die  Schließung des Internetbetriebs der Hamburger Spielbank. Dort hatte das  Hamburgische Verfassungsgericht im Oktober 2003 die Rechtswidrigkeit des  Online-Roulettes festgestellt.
 
Seit 1999 zählt Spielsucht zu einer von den Krankenkassen anerkannten Abhängigkeitserkrankung, deren Problematik aber, so der  Diplom-Soziologe Cetin Upcin vom Suchthilfezentrum, “immer komplizierter werde.
 
                     Spielerschutz illusorisch
Der Bedarf an Hilfsangeboten steigt, bemerkt  der Suchthelfer, auch auf Grund letztendlich nicht kontrollierbarer Zugangsmöglichkeiten im Internet auch für Minderjährige und der im
virtuellen Netz weg fallenden sozialen Kontrolle durch Mitspieler und  die Spielbankangestellten. Nicht von Ungefähr sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit der Einwirkung  der Croupiers auf den Spieler als ein Instrument des Spielerschutzes. Denn  das in Spielbanken beschäftigte Personal ist in der “Wahrnehmung  problematischen Spielverhaltens geschult und kann im Interesse des Spielers auf diesen einwirken, beziehungsweise im Notfall auch entsprechende Konsequenzen  ziehen und einen Spieler, der sich und seine Leidenschaft nicht mehr im Griff  hat, sperren.
 
Dies ist natürlich beim Online-Roulette illusorisch. Dort wird bis  Ultimo gespielt, also bis nichts mehr geht. Eine Taktung von 45 Sekunden, ehe  die Kugel im Roulettekessel auf einer Zahl zum Stillstand kommt, lässt  nicht viel Zeit zum Realisieren des Spielverlusts und zum Überdenken des Kontostandes. Jetzt gilt es nur noch, den kurzen Nervenkitzel  auszukosten und den Verlust wettzumachen. Anonym und einsam beginnt sich nach dem Motto “Neues Spiel, neues  Glück erneut das Rad zu drehen. Weder sind im Internet die mentalen oder psychischen Bedingungen überprüfbar, unter denen jemand spielt, noch  seine Zugangsberechtigung wirksam zu kontrollieren.
 
                     Zugang ist Glückssache
Daher setzt der Entwurf des neuen Staatsvertrages
zum Lotteriewesen, der 2008 in Kraft treten soll, einen einheitlichen Rahmen für alle Glücksspiele und sieht vor, das “Glücksspiel im Internet mit
Blick auf die nicht zu gewährleistende effektive Kontrolle ausdrücklich zu verbieten. Auch wenn das Regelwerk, das zum Zwecke der Vermeidung von Spielsucht der Veranstaltung, Vermarktung und Vermittlung von Glücksspielangeboten “notwendige Schranken auferlegt, das Lotteriewesen im Namen führt, so bezieht es doch explizit “Spielbanken in den Anwendungsbereich des Staatsvertrages ein. Denn, wie im Staatsvertrag weiter fest gestellt wird: “Casinospiele in Spielbanken zählen zu den Glücksspielen mit dem “höchsten Suchtpotenzial.